Geschichte
Das Werden eines Anwesens
Eingebettet in die Bedürfnisse größerer Verwaltungssysteme bilden die bis heute zahlreichen Besitzerwechsel des um 1871 erstmals grundbücherlich genannten Kühbauer-Anwesens in der Kühbachau bis hin zum Flussbahnhof deutlich seine Version persönlicher Kämpfe um ein Bestehen in der Moderne ab.
Möglicherweise beeinflussten die Umdisponierung der Ressourcennutzung dieser Region zugunsten einer II. Wiener Hochquellleitung den ersten wirtschaftlichen Erfolg des Anwesens, der einstmals großzügigen Hofanlage – einer Villa im Gründerstil, einer Kegelbahn, einer Badestube, einer Zukeusche sowie weiteren Nebenobjekten wie Stallungen und Hofladen. Bis heute überdauert hat neben dem Haupthaus ein Teil der historischen Kegelbude sowie die einstige Zukeusche (Nr. 170), die heute vom Grundriss her noch an ein Bahnhofsgebäude erinnert, als welche sie vermutlich bei seiner Adaptierung um 1871 gedacht war. Zur geplanten Eisenbahnstreckenverlängerung von Großreifling bis Wildalpen kam es jedoch nie und somit auch zu keiner Bahnhofseröffnung in der Kühbachau. Die Zukeusche beherbergt heute eine kleine Pension mit Wildwassersportangeboten auf der Salza, während das Haupthaus im Jahr 2018 von seinen Besetzern befreit werden konnte und nun – an Anlehnung an die historische betriebliche Funktion des Baus – die Homebase für den Kulturverein „Kulturbetrieb Flussbahnhof“ bildet.
Ein Blick in das historische Grundbuch im Landesarchiv in Graz, gibt Aufschluss über die ersten Eintragungen des Anwesens.

Spätestens um die Mitte des 19. Jahrhunderts lassen sich die aus höheren Gegenden der Region stammenden Goldgruber im bereits gerodeten Salzatal in Kühbachau bei Wildalpen entlang der Dreimärkter Straße (heute: Landesstraße Hochschwabstraße B24) nieder um als „Kühbauern“ Landwirtschaft zu betreiben. Im Jahre 1871 wird der Verkauf im Grundbuch des Anwesen Nr. 13 Kühbauer (Fam. Thaller), auch Kühbachbauer samt den Objekten Nr. 169 und Nr. 170 von Anton und Elisabeth Thaller, geborene Goldgruber zugunsten Anton jun. und Maria Thaller vermerkt. Ein Blick auf den historischen franziseischen Katastar zeigt die Grundrisse samt Nebenobjekte dieser Zeit eindrucksvoll, ebenso mit einem damals noch etwas anderen Verlauf der Dreimärktestraße.
Zugunsten der Schonung der Quellgebiete und der Sicherstellung der Wasserqualität für die Wiener Wasserversorgung wurde allerdings die zuvor großflächig betriebene Rinderzucht nach und nach verboten, die Holzwirtschaft auch als Folge der fortschreitenden Industrialisierung weitgehend umstrukturiert, gleichzeitig blieben die Eisenbahn und damit erhoffte Gäste ebenfalls fern.
Das kleinste Opernhaus Mitteleuropas
Die für die Gegend herausragende Architektur der Landvilla zeugt von materiell potenten Bauherren und beeindruckt daneben auch durch die intelligente Wahl des guten Standorts in einer sonst eher unwegsamen, in den kühleren Jahreszeiten auch weniger sonnigen Gegend. Nahezu perfekt positioniert aufgrund seiner sonnigen, nach Süden ausgerichteten Lage, auf dem Schotterfeld eines vor etwa 5200 Jahren stattgefundenen Felssturzes inklusive eigener Quelle mit Wasser ohne Oberflächenweg erwecken die meterdicken Mauern den Eindruck, man habe für die Ewigkeit gebaut, die auch während der dunklen Jahre des II. Weltkriegs sowie der Lieblosigkeit und Ignoranz der postnationalsozialistischen Ära Österreichs zu trotzen im Stande waren.
Der geografischen Lage, der einzigartigen Architektur, der zeitlichen Entstehung sowie der einstigen Dunkelkammer (!) zur Ausarbeitung von Fotografien nach zu urteilen – ein um die letzte Jahrhundertwende neu auftauchendes Hobby, welchem zu dieser Zeit hierzulande auf noch einige wenige „Künstler“ begrenzt war, darf man davon ausgehen – trotz Unauffindbarkeit von alten Plänen – dass das gesamte Anwesen im Auftrag des damals in der Region lebenden und beheimateten Großgrundbesitzers Albert Salomon Rothschild vom Architekten Ferdinand Fellner (sen.) sowie seinem ab 1866 den Betrieb leitenden Sohn Fellner jun. geplant und erbaut wurde. Die Zukeusche wurde als Bahnhofsgebäude adaptiert. Albert Salomon Rothschild, auch Salbert, welchem die ÖsterreicherInnen bis heute einen großen Anteil auch noch heute bestehender Infrastruktur (technisch oder aber auch sozial) zu verdanken haben, war bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieg zum größten Großgrundbesitzer und wichtigsten Financier für innovative infrastrukturelle Bauprojekte in der endenden Monarchie aufgestiegen. Seine Leistungen finden bis dato als Folge nationalsozialistischer Propaganda in den österreichischen Geschichtsbüchern erst schleppend Erwähnung.
Der Architekt des Flussbahnhof, Ferdinand Fellner sen. gilt allgemein als Schlüsselfigur für oder als Begründer des Wiener Historismus, welcher bis heute mit seinen zahlreichen Bauwerken das Stadtbild Wiens, wie wir es kennen, nachhaltig prägt, welches heute nicht so aussehen würde, ohne dem Kunstverständnis der BauherrInnen dieser Zeit, oder den unendlichen Summen an Geldmitteln, die die Verwirklichung solcher enormer Projekte damals wie heute benötigen.
Der Sohn Ferdinand Fellner jun., der bereits ab 1866 seinen herzkranken Vater unterstützte und ab 1873 mit dem jungen Hermann Helmer, Sohn des langjährigen Geschäftspartners des Vaters, diejenige Baufirma gründete, welche bis 1919 verantwortlich für den Bau von rund 60 Opernhäusern, Theatern und anderen repräsentativen, für den öffentlichen kulturellen Genuss bestimmte Bauwerke Mitteleuropas war, muss bei diesem Auftrag bereits beteiligt gewesen sein. Hermann Helmer befasste sich zudem in seinen Forschungen mit der Optimierung von Brandschutzmaßnahmen für diese öffentlichen, massentauglichen Gebäude. Vielleicht ist es auch ihm zu verdanken, dass das Hauptgebäude des Springerhofs trotz mehrmaliger Brandattacken im letzten Jahrhundert noch immer fest verankert steht.
Lokale Helden und Zuagroaste
Mit der Eröffnung der Wiener Hochquelleleitung 1906 beginnt eine völlig neue Ära für alle BewohnerInnen dieser bis dahin von Holz- und Almwirtschaft lebenden Siedlerschaft inmitten dieses österreichischen Trinkwasserreservoirs.
Der regional gern fälschlicherweise als Erbauer der Villa genannte einstige Bürgermeister und Ehrenbürger von Wildalpen Johan Zisler (vermutlich die Spätfolge ideologischer Bemühungen die Erinnerung an die Familie Rothschild in Wildalpen zu eliminieren) erwirbt 1894 gemeinsam mit seiner Gattin Maria Zisler, Witwe und Grundbesitzerin der Region die Hofanlage an der Dreimärkte Straße und wird damit grundbücherlich kurzzeitig Besitzer des gesamten – damals so benannten „Gut Wildalpen“. Elisabeth Thaller und Maria Zisler scheinen Grundbucheinträgen zufolge über die Kuh- und Almwirtschaft schon bereits vor dem Verkauf 1894 geschäftlich verbunden gewesen zu sein, was in Anbetracht der Allmendepraxis dieser Zeit (das heutige Siedlungsgebiet im Zentrum Wildalpens damals als zentrale Weide) nicht unbedingt verwunderlich scheint.
Die einzige für die Öffentlichkeit erhaltene Ansichtskarte des Zislerhof um 1906 bezeugt wahrlich von den Bemühungen die als Gastwirtschaft geführte Liegenschaft zu bewerben, allerdings ist es eher wahrscheinlich, dass die Ära in der Frau und Herr Zisler, der den Archiven zufolge ursprünglich aus Weiz kam, als Besitzer fungierten nicht lange vom wirtschaftlichen Glück getragen war.

Die ungünstige Zeit nach der Eröffnung der II. Wiener Hochquellleitung 1906, und der sich mit der Eröffnung der II. Wiener Hochquellleitung eher einstellende Fremdenverkehr, Einstellung der Holzwirtschaft zu Floß, Einstellung/Verbot der Almwirtschaft zugunsten der Schonung der Quellgebiete, dürften eher zur Abwanderung geführt haben. Die neuen Bedürfnisse der Wiener Gemeindeverwaltung für diese Region, deren Primärwirtschaftszweig nun neu definiert war, drängten andere Berufszweige zurück, die Arbeiter vom Bau kehrten in ihre eigenen Häuser zurück und man darf davon ausgehen, dass die Jahre bis zum 1. Weltkrieg keine leichten für die Menschen waren, vor allem für diejenigen, die keine Arbeit beim Projekt der Wiener fanden. Lediglich der Börsenkrach und die 30jahre haben sich im Gedächtnis erst jüngst verstorbener (2018) Zeitzeugen noch einmal als Phase des Aufschwungs eingebrannt, so war es wohl nicht unüblicher Habitus der wohlhabenderen Schicht in Krisenzeiten lieber im Schutze der Berge zu verweilen, und so schrieben sich etliche Namen neben dem des Kaiserpaares in die Wall of Fame des „Hotel Kraft“ – das heutige Bergkristall – oder im „Salzatalerhof“ (hier ist sich das kollektive Gedächtnis uneinig), einem alten Hammerherrenhaus in Wildalpen ein; wsl. gings dort und da rund.
Herr Johann und Frau Maria Zisler, die wie einige andere kurzzeitig als BesitzerInnen für beinahe das heutige gesamte Wildalpen (und Poschenhöh‘) im Grundbuch stehen, verkaufen kurz vor dem 1. Weltkrieg im Jahre 1912 ihr gesamtes Anwesen (EZ 4 und EZ 96) einer gewissen Josef Burger GmbH aus München, jedoch erweist sich der Deal für Herrn Zisler als eher unglücklich, da er die Liegenschaften gegen wertlose Zinshäuser in München eingetauscht hatte. In der Chronik Wildalpens berichtet man über die Tragödie seines 1917 verübten Selbstmords, als er seinen gravierenden Fehler feststellen musste. Das Wildalpener Gedächtnis tradiert bis heute auch Erinnerungen, dass man ihn schon gewarnt hatte „diesem Rotbärtigen“ Unternehmer nicht zu vertrauen.
Die Burger GmBh scheint jedoch nur kurz als Zwischenhändler der Liegenschaft(en) auf und verkauft diese nach kurzen Jahren an einen Herrn Rudolf Ritter von Rothermann aus Ungarn weiter, welcher dem Volksmund zufolge „nicht gewusst habe, dass er hier keine Rinder züchten könne“ und deshalb rasch weiterverkaufte, dieses Mal an den Belgier Aristide Doret, welcher bis heute in Wildalpen eine Residenz besitzt.
Der Springerhof in Wildalpen
Baronin Valentine Noemi Springer erwirbt das Anwesen mit der EZ 96 1928 nachdem es laut Tradierung 1928 abgebrannt war von Aristide Doret, welcher nach dem Brand weiter in die Poschenhöh‘ (EZ 4) – ebenfalls mit Trinkwasserquelle – zog und baute den Springerhof wie erhalten erneut auf und aus. Der Turm und das oberste Geschoss inklusive Gaupe des Haupthauses wurden nicht wiedererrichtet.
Die folgenden Jahre widmete sie sich der Renovierung und Wiedernutzung der Liegenschaft, leitete bei der Agrarbezirksbehörde Leoben bereits 1928 ein Neuregulierungsverfahren für die Dienstbarkeiten der Liegenschaften ein und kümmert sich um die Kinder dieses hintersten Winkels des damals durch sie selbst verwalteten Gebiets, welches sich von Lunz am See/Niederösterreich über den Rothwald, das heutige Wildnisgebiet, eben bis hierher nach Wildalpen erstreckte. Zu ihrem caritativen und wohltätigen Engagement zählte auch der Verschönerungsverein Göstling oder das Kinderasyl Göstling, welches noch von ihrer Mutter Bettina gegründet worden war, um den Kindern der in und um den Rothwald ansässigen Holzarbeiter Bildungsmöglichkeiten zu schaffen. Sie pflegte die Jagd, Schifahren, Wandern und die Natur, etwas, was der Standort hier in Wildalpen jedenfalls im Überfluss zu bieten hat. Ein eigener Tennisplatz, der nach wie vor in Wildalpen erhalten ist, zeugt von ihrer Leidenschaft für verschiedenste Sportarten.
Wahn und Blutrausch der 30er
Als sich gegen Ende der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts der wahnsinnige Antisemitismus besonders auch hier in den Bergen zuspitzte, Neid, Missgunst und Rassenideologien als Volksfutter wie warme Semmeln gingen, vertrieben die eifrigsten Enteigner jüdische Grundbesitzerinnen, welche für Propagandisten damals wie heute immer wieder als Sündenböcke für die dynamischen wirtschaftlichen Veränderungen der Zeit herhalten mussten, dies galt insbesondere für die Rothschilds.

1938 zwang man Valentine Springer, eine damals schon nicht mehr ganz junge Frau, zur auf Leben und persönliche Wäsche reduzierten Flucht in die Schweiz. Man verfasste seitens der „Reichsforstverwaltung“ den Arisierungsakt und später auch einen Verkaufsvertrag mit genauer Inventarliste, zugunsten der „kaufenden“ Reichsforstverwaltung und Frau Springer, deren Mädchennamen Rothschild gegen Ende erst in die richtige Schreibweise korrigiert, vertreten durch einen Herrn Dr. Bolt in Wien… nachdem ihr eigentlicher Rechtsvertreter deportiert und ermordet worden war. Frau Springers Unterschrift ist abgängig, auch sonst irgendeine Spur ihrer Involviertheit, hat den Vertrag vielleicht auch nie selbst zu Gesicht bekommen, denn für die Nationalsozialisten war mit der Erledigung der nachträglichen Akten die Sache ohnehin erledigt, oder einverleibt… bis äähm 2017!!!. Die im Kaufvertrag vermerkte Summe floss auch nicht, zumindest noch nicht in die notierte Richtung…
Diebesbürokratie der Nationalsozialisten
Wenn auch für Geld, finden sich trotzdem bis heute ausreichend Informationen zur Rekonstruktion der Genese, welche man im Landesarchiv in Graz oder in Scheibbs, oder in Liezen ausheben lassen darf – solange man auch Eigentümer einer betroffenen Liegenschaft ist – wie auch der „Entjudungsvertrag“ Frau Valentine Springers Hofanlage in der Kühbachau betreffend.
Der Ordnung wegen bemühten sich die Nationalsozialisten immerhin um das Aufsetzen eines ordentlichen Vertrags. Der Vermerk Unterschrift unleserlich soll wohl darüber hinweggeholfen haben, dass keine Unterschrift vorhanden war.
Auf den folgenden Seiten, die bis zu den herausgeschnittenen, fehlenden hin führen, findet sich eine systematische Auflistung des Inventars, des Fuhrparks und der Nebengebäude wie Kegelbude, Zukeusche 170, Badestube. Die sich im Landesgericht Liezen befindlichen Grundbücher waren laut Auskunft noch bis in die 70er Jahre unversperrt jedem zugänglich, sodass es heute leider nicht mehr möglich ist, die eifrigen „Schnippsler“ zu identifizieren.
Orientierung am Analphabetismus
Durch die ebenfalls in den 70er Jahren neu angelegten Grundbücher und dem offenkundig damals im Verwaltungsapparat vorherrschenden Analphabetismus, welcher vielfach zu ein und demselben Kommentar führte – insbesondere im Falle „heiklerer Liegenschaften“, dass man aufgrund von Unleserlichkeit auf das Umschreiben von Daten aus dem alten Grundbuch verzichten würde, verhinderten nicht nur im Einzelfalle des heutigen Flussbahnhofs eine objektive Grundbuchrecherche, geschweige denn eine gesetzeskonforme (!) Restituierung.
Der im 21. Jahrhundert herrschende Habitus erweist sich als Draufgabe dabei als ebenso gefinkelt, und erschwert objektive Recherche neuerdings unter dem Deckmantel von Datenschutz oder Amtsgeheimnissen, so als wären unsere Ämter der öffentlichen Verwaltung geheime Bruderschaften und nicht von öffentlichem Interesse. Als Außenstehender dh. Nichteigentümer Einblick in die alten – nicht umgeschriebenen Grundbücher inklusive Historie zu erhalten, ist unmöglich, wodurch eine objektive Aufarbeitung all jener betroffenen Liegenschaften – die wie der Flussbahnhof NIE RESTITUIERT wurden, mithilfe des österreichischen Bürokratieapparates bis heute verhindert wird. Einzig aktuelle Entwicklungen für die Aufhebung des Amtsgeheimnisses lassen auf zukünftig mehr demokratischen Geist hoffen…
Die Frage, wie viele Familien seit 1945 an einer Beweispflicht, welche sie unter Vorwand des Datenschutzes oder aufgrund von solchen Amtsgeheimnissen nicht erbringen konnten, tatsächlich scheiterten, verstaubt weiter in den gut behüteten, zu selten gesichteten österreichischen Archiven. Aufarbeiterinnen werden bis heute allgemein leider seitens öffentlicher Apparate nicht unterstützt, sondern teilweise sogar grob fahrlässig behindert.
Das lehrreichste Buch ist wertlos, wenn es nicht gelesen wird, eine nicht ernstgemeinte Entschuldigung, heuchlerisch, eine Einsicht, die nicht verinnerlicht ist, bleibt eine schlechte Aussicht.
Die jüngste Geschichte des Flussbahnhofs teilen viele andere heute verstaatlichte Bauten und auch Ländereien in Österreich und wer ES nicht mehr hören kann, dem sei gesagt, dass aufgrund fehlender Geschichtsaufarbeitung und fehlender Wiedergutmachung mit den Geschädigten des 2. Weltkrieges ein entscheidender gesellschaftlicher Lernschritt ausgeblieben ist, ein gewisser Habitus noch nicht überwunden, verantwortungsvolles Handeln in der Politik noch immer nicht Einzug gehalten hat, dafür aber offenbar das gehorsame Schweigen und Nachbeten noch immer als größte Tugend zelebriert wird.
Der brandschutzsicherer Fellnerbau in der Kühbachau steht trotz Herabwirtschaftung noch immer. Das für spätere Diebesbüroratie zurechtgelegte gleich mitenteignete „Palais Rothschild“ hingegen wurde von den euphorischen vom „Österreich ist frei“ Gedanken getriebenen Postnazis gleich noch in den späten 50ern weggesprengt. Mittels nachträglicher Zurechtlegung der Beweislage für den „eh rechtmäßigen Verkauf“ dieser Liegenschaft dachten sich die das Raubgut von nun an als Eigentum handhabenden Nachfolger der Reichsforstverwaltung eine virtuelle Summe aus, die nie ausbezahlt wurde, und „einverleibten“, sich gleich mehrere Rothschildimmobilien mit nur einer Klappe. Ob nun eine „österreichische“ Rothschild, oder doch eine „Ausländerin“ (mit britischer Staatsbürgerschaft) die eigentliche Besitzerin in Wildalpen war, legte man sich je nach Bedarf zurecht, etwaige Diskrepanzen diesbezüglich haben später auch keinen der verstaatlichten Insichgeschäfts-Akteure bzw. Kriegsgewinnler mehr gestört
Offenkundig bedauerlich ist aber eine bis heute vielfach gängige und geduldete Rechtfertigung der NS Legislative, egal ob Fremdvermögensverwalter oder Einheimischenenteigner – räuberischer Diebstahl bleibt räuberischer Diebstahl – und sollte in einer modernen Demokratie des 21. Jahrhunderts bei Vorlage von Beweisen anerkannt und nach den vorhandenen Möglichkeiten richtig gestellt werden.
Der Springerhof ist frei
Als Zeitzeuge für die weniger angenehmen Kapitel österreichischer Zeitgeschichte repräsentiert der Flussbahnhof bis jetzt beispielhaft die Auswirkungen auf den Kunst- und Kulturbetrieb innerhalb einer Gesellschaft, deren Wertesystem auf Angst, Missgunst und Rassenideologie basiert.

Das Anwesen „Springerhof“ in Wildalpen konnte erst im Jahr 2017, nachdem es zu dem Zeitpunkt bereits denkmalsgeschützt war, nach einer – aus demokratisch aufgeklärter Sicht – ideologisch untragbaren Vorgeschichte aus dem Besitz der Bundesforste von Familie Ziegler (www.zieglerofen.at) gekauft werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte der über 20 Jahre unversperrt liegen gelassene Leerstand durch die örtliche Bevölkerung und die zahlreichen AktivurlauberInnen der Region nur noch als Geisterhaus gegolten.
Die letzte rechtmäßige Eigentümerin und Namensgeberin Baronin Valentine Noemi Springer, die Tochter von Albert Rothschild konnte trotz Bemühungen, welche bis zu ihrem Tod 1969 andauerten, keine Restitution erreichen, sondern die an ihr 1938 stattgefundene Enteignung wurde über ihren Tod hinaus weit bis ins 20. Jahrhundert hinein verteidigt und gerechtfertigt. Kein Einzelfall – wie viele Aufarbeitungskolleginnen, (zb. Burgl Czeitschner mit ihrem Dokumentarfilm „Let’s keep it, oder Hans Geisslhofer mit seinem Buch „Kältesee“) nur zu gut wissen, sondern leider gängige österreichische Praxis im Umgang mit den Akten des 1958 eingerichteten Entschädigungsfonds, welcher als schaler Beigeschmack bis heute unter anderem zu einer oftmals negativen Perzeption von Österreich im Ausland beiträgt.
Aufgewachsen in Waidhofen an der Ybbs, im Rothschildschloss, welches heute als Kulturstätte der Stadt Waidhofen genutzt wird, befindet sich das Herzstück Frau Springers Besitzes, der heutige Flussbahnhof, im steiermärkischen Naturschutzgebiet „Wildalpner Salzatal“ unweit des UNESCO Weltnaturerbes “Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal”, dessen Genese gleichermaßen dem frühzeitigen Engagement von Albert Rothschild und seiner Tochter und Nachfolgerin zu verdanken ist.
Neben der wertschätzenden Auseinandersetzung mit der Natur war Frau Springer auch eine wichtige Kunstmäzenin und Kunstsammlerin, deren bewegliche Besitztümer bis heute zu den traurigen Beispielen von nie restituierter Raubkunst zählen. Viele Werke ihres Besitzes zieren weiterhin unkommentiert wichtige Kulturinstitutionen wie das Heeresgeschichtliche Museum, die Albertina oder wurden längst weiterverkauft. Der Akt bezüglich des Flussbahnhofes im Entschädigungsfonds ist lang und enthält vor allem die nach dem Krieg eigens angefertigten, teils absurden Legitimierungsversuche der Enteignungen, welche sich wohl nur aus der Motivation einiger Kriegsgewinnler heraus verstehen lassen. Faktum ist, dass Frau Valentine Springer, wie so viele durch das NS-Regime Geschädigte bis zu ihrem Tod wenig, bis gar keine Güter zurück erhielt und dass diesem Kunstraub zuliebe bis hin in höchste politische Kreise unseres Landes keine Lügen gescheut wurden.