Geschichte

Der Zieslerhof

Erhaltene Ansichtskarte aus dem beginnenden 20. Jahhrhundert.

Lokale Helden und Zuagroaste

Mit der Eröffnung der Wiener Hochquelleleitung 1906 beginnt eine völlig neue Ära für alle BewohnerInnen dieser bis dahin von Holz- und Almwirtschaft lebenden Siedlerschaft inmitten dieses österreichischen Trinkwasserreservoirs.

Der regional gern fälschlicherweise als Erbauer der Villa genannte einstige Bürgermeister und Ehrenbürger von Wildalpen Johan Zi(e)sler (vermutlich die Spätfolge ideologischer Bemühungen die Erinnerung an die Familie Rothschild in Wildalpen zu eliminieren) erwirbt 1894 gemeinsam mit seiner Gattin Maria Zi(e)sler, Witwe und Grundbesitzerin der Region die Hofanlage an der Dreimärkte Straße und wird damit grundbücherlich kurzzeitig Besitzer des gesamten – damals so benannten „Gut Wildalpen“. Elisabeth Thaller und Maria Zi(e)sler scheinen Grundbucheinträgen zufolge über die Kuh- und Almwirtschaft schon bereits vor dem Verkauf 1894 geschäftlich verbunden gewesen zu sein, was in Anbetracht der Allmendepraxis dieser Zeit (das heutige Siedlungsgebiet im Zentrum Wildalpens damals als zentrale Weide) nicht unbedingt verwunderlich scheint.

Die einzige für die Öffentlichkeit erhaltene Ansichtskarte des Zieslerhof um 1906 bezeugt wahrlich von den Bemühungen die als Gastwirtschaft geführte Liegenschaft zu bewerben, allerdings ist es eher wahrscheinlich, dass die Ära in der Frau und Herr Zi(e)sler, der den Archiven zufolge ursprünglich aus Weiz kam, als Besitzer fungierten nicht lange vom wirtschaftlichen Glück getragen war.

Die ungünstige Zeit nach der Eröffnung der II. Wiener Hochquellleitung 1906, und der sich mit der Eröffnung der II. Wiener Hochquellleitung eher einstellende Fremdenverkehr, Einstellung der Holzwirtschaft zu Floß, Einstellung/Verbot der Almwirtschaft zugunsten der Schonung der Quellgebiete, dürften eher zur Abwanderung geführt haben. Die neuen Bedürfnisse der Wiener Gemeindeverwaltung für diese Region, deren Primärwirtschaftszweig nun neu definiert war, drängten andere Berufszweige zurück, die Arbeiter vom Bau kehrten in ihre eigenen Häuser zurück und man darf davon ausgehen, dass die Jahre bis zum 1. Weltkrieg keine leichten für die Menschen waren, vor allem für diejenigen, die keine Arbeit beim Projekt der Wiener fanden.

Lediglich der Börsenkrach und die 30jahre haben sich im Gedächtnis erst jüngst verstorbener (2018) Zeitzeugen noch einmal als Phase des Aufschwungs eingebrannt, so war es wohl nicht unüblicher Habitus der wohlhabenderen Schicht in Krisenzeiten lieber im Schutze der Berge zu verweilen, und so schrieben sich etliche Namen neben dem des Kaiserpaares in die Wall of Fame des „Hotel Kraft“ – das heutige Bergkristall – oder im „Salzatalerhof“ (hier ist sich das kollektive Gedächtnis uneinig), einem alten Hammerherrenhaus in Wildalpen ein; wsl. gings dort und da rund.

Herr Johann und Frau Maria Zi(e)sler, die wie einige andere kurzzeitig als BesitzerInnen für beinahe das heutige gesamte Wildalpen (und Poschenhöh‘) im Grundbuch stehen, verkaufen kurz vor dem 1. Weltkrieg im Jahre 1912 ihr gesamtes Anwesen (EZ 4 und EZ 96) einer gewissen Josef Burger GmbH aus München, jedoch erweist sich der Deal für Herrn Zi(e)sler als eher unglücklich, da er die Liegenschaften gegen wertlose Zinshäuser in München eingetauscht hatte. In der Chronik Wildalpens berichtet man über die Tragödie seines 1917 verübten Selbstmords, als er seinen gravierenden Fehler feststellen musste. Das Wildalpener Gedächtnis tradiert bis heute auch Erinnerungen, dass man ihn schon gewarnt hatte „diesem Rotbärtigen“ Unternehmer nicht zu vertrauen.

Die Burger GmBh scheint jedoch nur kurz als Zwischenhändler der Liegenschaft(en) auf und verkauft diese nach kurzen Jahren an einen Herrn Rudolf Ritter von Rothermann aus Ungarn weiter, welcher dem Volksmund zufolge „nicht gewusst habe, dass er hier keine Rinder züchten könne“ und deshalb rasch weiterverkaufte, dieses Mal an den Belgier Aristide Doret, welcher bis heute in Wildalpen eine Residenz besitzt.